Bangkok sollte man sich eigentlich nicht antun. Diese Stadt ist laut, dreckig und anstrengend. Geht man aus dem Haus, braucht man ein Ziel. Ansonsten treibt man dahin, wo einem die Stadt will. Und die Stadt will einem dort, wo Geld umgesetzt wird. Insbesondere ein Fussmarsch in der Innenstadt stoesst bei einheimischen Tuk Tuk und Taxifahrern kaum auf Verstaendnis. Laesst man sich auf eine vielversprechende Stadtrundfahrt ein, kann es schon einmal sein, dass man mit einem Herrn aus Singapur ueber vergoldete Uhren spricht oder sich in einem Juweliergeschaeft nach einem interessanten Deal umsieht. Deshalb lautet die Regel Nummer eins in Bangkok: Traue absolut niemandem, vor allem nicht den freundlichen Menschen, die dir auf der Strasse hilfsbereit Tipps geben wollen. Der Grand Palace ist nicht ausgerechnet an dem Tag geschlossen, an dem du hinwillst und das interessante Angebot einer Reise nach Ko Chang fuer 2900 Baht (anderswo 700) gilt es abzulehnen. Sei stark! Etwas kuehler (auch temperaturmaessig), aber mit denselben Regeln geht es im nordischen Chiang Mai zu und her. Hier sind die Trekking Touren in den Dschungel, die Kochkurse oder die Elefantenshows grosse Dinger. Die tausend Tempelanlagen hingegen, welche die Haupt-Sehenswuerdigkeit in beiden Staedten sind, hat man aber irgendwann, meistens recht schnell, satt. Fazit: Erlebenswert, aber nicht empfehlenswert. Einen von fuenf Punkten.
Land und Strand
Nicht alle muten sich Bangkok zu oder beschnuppern die Stadt nur auf der Durchreise ins thailaendische Inselparadies. Ueber die suedlichen Touristenmagnete wie Phuket oder Ko Samui kann ich kein Wort verlieren - ich war nicht dort. Ich liess mich aber von der Lektuere vom Roman The Beach kultivieren. Solche im Roman beschriebene unberuehrte Paradiesinseln gibt es tatsaechlich. Wer ein dickes Portemonnee hat, kann vom Staat Thailand eine paar Quadratmeter grosse Insel zum Spottpreis von etwa 4 Millionen Franken beziehen. Gesehen im Ko Chang-Archipel, das mit dem Slogan unberuehrtes Paradies fuer sich wirbt, wo aber zahlreiche Luxus-Resorts daran sind, dieses Image zu untergraben. Die Trauminseln und Korallenriffe kann man freilich heutzutage auch vom Touristenboot aus betrachten, wo die Reiseleiterin lustige Ratespiele zum besten gibt, ueber die vorbeiziehende Naturpracht aber kaum ein Wort verliert. Die Besatzung dieser Touristenboote stoert die Haengemattenstimmung auf den erst wenig bewirtschafteten Inseln nur, wenn sie mittags fuer einen Zwischenstopp die Kueste abschnorchelt.
Grundsaetzlich weniger beliebt bei Thailand-Touristen sind Orte, die weder ueber einen internationalen Flughafen, noch ueber einen Traumstrand verfuegen. Wie Sukothai. Dort werden die Bustickets im Massagesalon verkauft und zwischen den historischen Tempeln - ein Unesco-Weltkulturerbe - ist es gar schwer, einen Getraenkestand zu finden. Hier scheint die Zeit stillgestanden zu sein, seit Ayutthaya der
Leute
Enthusiastisch sollen sie sein hier in der Region. Und freundlich. Ich will den Thailaendern diese Eigenschaften auf keinen Fall absprechen. Vielerorts paart sich die Freundlichkeit allerdings mit einem durchdringlichen, wenn nicht sogar aufdringlichen Geschaeftssinn. Doch das kommt wohl davon, dass man als eindeutig erkennbarer westlicher Tourist vor allem mit den englischsprachigen Thailaendern zu tun bekommt, die in diesem Bereich ihre Broetchen verdienen.
Dass Englischkenntnisse nicht unbedingt mit einer guten Allgemeinbildung einhergehen bewies beispielsweise derjenige Tuk Tuk Fahrer, welcher mich mit Adolf Hitler verglich und sich der darauffolgenden Diskussion ehrlich stellte (he attacked Israel, right? what is second world war? who is better, hitler or fidel castro?). Man muss den Thailaendern aber gleichwohl zugute halten, dass sie trotz ihrem Riecher fuer lose Baht auch dann freundlich sind, wenn man ihnen diese nicht aushaendigen will. Ob der Enthusiasmus, der ihnen oft zugesprochen wird, allenfalls auf den regen Mekong-Whisky-Konsum zurueck geht, konnte ich in der mir zur Verfuegung stehenden Zeit nicht eruieren. Die immernette Reiseberaterin On aus Chang Mai jedenfalls hat ihre Zunft in enthusiastischer Hinsicht im besten Licht vertreten. Ich bin demnach sicher, dass ihre neue Geschaefts-Idee, die Rock-On-Bar vor dem Tourist Office, ganz dick einschlagen wird. Als erste Kunden haben wir quasi den Pretest absolviert und sind begeistert. Vier von fuenf Punkten!
Essen
Hier startet Thailand eindeutig mit einem Startguthaben ins Rennen. Die Thai-Kueche mit ihren mannigfarbigen Currys hat bei mir schon in der Schweiz gross gepunktet. Punkto Vielfalt muss den Thailaendern aber die Leviten gelesen werden, schmeckt doch fast alles nach scharfer Chili und wird in einem brodelnden Kokosnuss-Topf zubereitet. A propo Schaerfe: Currys sind in dieser Beziehung eher for beginners. Wer wirklich scharf essen will (Matt?) und dazu etwas masochistisch veranlagt ist, kann das Gefuehl auf seiner Zunge mit einem Thai-Spicy-Sausage-Salat abtoeten. Weiter kann in dieser Kategorie nicht darueber hinweggesehen werden, dass der Street-Food nicht immer nur koestlich ist und schon mal glitschige unerkennbare Fleischwuerfel in einer Nudelsuppe schwimmen koennen. In diese Kategorie gehen auch die beruechtigten und ueberall erhaeltlichen Eier-Spiesse (drei gekochte Eier am Spiess). Nichtsdestotrotz: Der koestliche Papaya-Salat, das immergute Pad Thai und die erfrischenden Kokosnus-Shakes und Schokoladen-Bananen-Rotis holen die Kohle aus dem Feuer. Thailand und Essen, das gehoert zusammen. Nicht zuletzt aus diesem Grund habe ich das Koch-Handwerk in Chiang Mai erlernt. Zwar nur einen Tag lang, aber wer sechs Speisen an einem Tag kochen und essen kann, der ist ausgelernt und satt. Ich vergebe vier von fuenf Punkten.
Transport
In Thailand funktioniert alles einwandfrei, auch wenn punkto Information der Passagiere teilweise noch Aufholbedarf besteht. Busse fahren puenktlich oder zu frueh, und die Hauptstadt weiss seit zehn Jahren mit einem modernen Skytrain und einer U-Bahn aufzuwarten. Leider bedienen diese bloss den modernen Stadtteil im Osten, so dass die beliebtesten Sehenswuerdigkeiten wie der Grand Palace nur auf den fetten Strassen zu erreichen sind. Die sind entsprechend gut frequentiert und trumpfen insbesondere in Bangkok punkto Laerm und Umwelt-Unfreundlichkeit ganz gross auf. An einer Kreuzung warten schon mal 60 Motorraeder und die dreifache Anzahl an anderen Transportmitteln auf die Weiterfahrt. Auch im Bereich Sicherheit koennte etwas getan werden. Die Ladeflaeche eines Pick-ups beispielsweise ist eine nicht nur gesundheitstechnisch fragwuerdige Sitzflaeche fuer Personen, sondern weist auch nicht die besten Aussichten fuer die betreffenden Passagiere im Falle eines Zwischenfalls auf. Auch beim Fahren des sogenannten Familien-Motorrads (Kinder vorne, Papa in der Mitte, Mutter klammert hinten) waere das Tragen von Helmen sicherheitstechnisch wertvoll. Die Preise fuer Taxis und Tuk Tuks variieren je nach Tageszeit und Fahrgast. Drittklasszuege verdienen ihren Namen und es ist noch lange nicht gesagt, dass ein Nachtbus mit der Bezeichnung V.I.P. rissfreie Fensterscheiben und abstellbare Klimaanlagen garantiert. Trotzdem vergebe ich vorsichtigerweise stolze vier von fuenf Punkten. Grund: Die Skala muss nach unten Freiraum haben, denn wer weiss, was noch kommt...
Fun
Unterhaltung wird ganz gross geschrieben hier in Thailand. Die taeglichen Feuershows am Strand verlieren zwar mit der Zeit ihre Attraktivitaet, so dass man sein Dinner darum herum plant. Aber der weit entwickelte Tourismus garantiert die (noetigen?) westlichen Amuesier-Moeglichkeiten wie Full-Moon Partys oder Sextourismus. Gerade letzterer geniesst ja kein sonderlich gutes Image und kann auch von mir nicht unkommentiert bleiben. Gerade in Patpong geben sich die Schlepper auch nach fuenf bis sechs Nein nicht geschlagen und fordern einem gern einmal zum Mann-gegen-Mann heraus. Das Sextouristen-Watching wird dadurch beinahe verunmoeglicht, doch lassen sich die betreffenden Kunden auch am hellichten Tag aufgrund ihres Aeusseren als solche erkennen. Interessant ist, dass die anbietenden Frauen meistens ganz akzeptable Massage-Kenntnisse haben. Leider, oder zum Glueck, wurde mir kein Extra Service angeboten, wurde mir die bestellte Fussmassage doch von einem etwas gar kraeftigen Einheimischen verabreicht. Viel diskutiert wird ja auch ueber das sogenannte dritte Geschlecht, das hier in Thailand scheinbar oft anzutreffen sei. Dazu will und kann ich mich an dieser Stelle nicht aeussern. Zu erwaehnen waere aber der freundliche Motorradfahrer, der mich in Chiang Mai kostenlos ins Guesthouse zuruecktransportierte und gerne noch etwas geblieben waere (Grund: er war sehr muede und wollte sich vor dem langen beschwerlichen Heimweg noch eine Stunde hinlegen). Ein Griff in meinen Schritt verriet zumindest ihm, dass ich bin, was ich bin. Das war gar nicht funny. Auch weil die wirklich lustigen Feste fast ausschliesslich in den Backpacker Hochburgen steigen kann ich hier schweren Herzens nur zwei von fuenf moeglichen Punkten verteilen.
Ps: Das letzte Wort gehoert hier - wie es sich hierzulande gehoert - dem Koenig. Nicht zuletzt wegen der politisch eher instabilen Lage geniesst der Monarch, der schon ueber 60 Jahre im Amt ist, enorme Popularitaet. Zweimal am Tag, um 8 und 18 Uhr, legen die Thailaender fuer einen Moment lang alles zur Seite, hoeren die Nationalhymne und denken an ihren Koenig. Sollten sie zumindest.
Mama ist auch hier, schon!
AntwortenLöschenMit dem 2K10 wunsche dir viel Gluck und gute Reisen!
LG
Hehe, gefällt mir gut! Wie hast du denn auf geantwortet auf die Frage, Fidel Castro oder Hitler??? ;)
AntwortenLöschenZu empfehlen kann ich eine Serie von 10vor10 (und nicht etwa Schweiz aktuell). Also wenn du mal Zeit und ein Internet mit einer schnellen Verbindung hast, auf dem Videoportal von SF kannst eine mehrteilige Serie über den Mekong anguggen.
Also, freu mich auf den nächsten Post!
Coole Sache, der Blog! 5 von 5 Punkten...8-)
AntwortenLöschenViel Spass in Kambodscha - und bis zum nächsten Post...
Simon
So lässig! Habe ich gelacht! Ich freue mich sehr auf den Blog über Kambodscha! Geniesse deine Weiterreise und lueg dir au guet, lieber Andres!
AntwortenLöschenGrüessli!
Mama
Theo sagt (er kommt nicht in den Blog...): Andres, du schreibst phantastisch gut, farbig, spannend, mit 1000 Watt Power... Man könnte neidisch werden. Gerne lese ich deine weiteren Ergüsse aus dem Lande der Khmer mit seinen 100 Wats...
AntwortenLöschenGrüsse Theo d'or.
tschau.. merci für den ausführlichen bericht und die tollen fotos! meine mutti war über die festtage auch "zu hause" und hat vom wetter der trockenzeit erzählt =D geniesse die weiterreise!
AntwortenLöschendanke euch fuer die reaktionen. die fotos hier sind allerdings die letzten ihrer sorte da mir gestern die kamera geklaut wurde oder ich sie ungluecklich verlegt habe. :( sonst gehts mir gut. gruss aus der hitze von phnom phen
AntwortenLöschenSuper Andres, mehr davon!
AntwortenLöschenBeim Kochen hättest Du aber schon ein wenig freundlicher dreinblicken können.
Ich war halt eben konzentriert bei der Sache! ;)
AntwortenLöschenIch freue mich auf weitere interessante Erzählungen. Und Bilder!: Kauf dir eine neue (billige!) Kamera.
AntwortenLöschenSponsor