Die Tempelwanderung
Ohne seine historischen Tempelstaetten waere Kambodscha heute wohl nur ein Haeufchen Elend. Und davon gibt es heute noch viele, auch wenn nicht zuletzt die Amerikaner (im Vietnamkrieg) und die brutalen Khmer Rouge (als Folge davon) viele historische Tempelstaetten zerstoerten, doch in Relation zu den sonstigen Geschehnissen dieser Zeit muss dieser Verlust wohl als Nebensaechlichkeit bezeichnet werden.
Angkor ist der Stolz der Nation, die Erinnerung an die ruhmreichen Zeiten des einst maechtigen Khmer-Reiches. Tempelruinen gibt es nicht nur in Angkor, an manch anderen Orten finden sich einsamere Ruinen wie z.b. in Sambar Prei Kuk. Angesichts der massiven Bauten und ihrer teilweise abgelegenen Lage hat man das Gefuehl, dass heute noch ein moderner Indiana Jones mitten im Dschungel auf alte Relikte stossen koennte. Als besterhaltenste Tempelanlage bleibt Angkor aber auch touristisch unangetastet. Dass der Tourismus der Staette aber auch schaden kann, beweisen nicht nur die zahlreichen Vandalen-Akte, sondern auch die Tatsache, dass Hotels ohne Bewilligung das Grundwasser anzapfen und mittelfristig so den Einsturz der Bauten bewirken koennten.
Der Sog der Stadt
Phnom Penh ist einzigartig. Phnomh Penh vibriert, pulsiert, lebt. Die Stadt entwickelt eine enorme Dynamik und wurde in erster Linie durch die Alltagsbeduerfnisse der Menschen und nicht durch Geistesblitze von Architekten geformt. Schier unglaublich ist es, dass die ganze Stadt durch die Khmer Rouge vor 30 Jahren geraeumt wurde und wie rasant der Optimismus in die Stadt zurueckgekehrt ist. Paradox ist auch der Umstand, dass der Krieg fuer die Kambodschaner die beste Moeglichkeit bietet, um aus dem Tourismus Kapital zu schlagen. Wer nach dem Gesehenen tatsaechlich noch auf das Angebot eingeht, mit dem Gewehr schiessen zu gehen, der hat irgend etwas wohl falsch verstanden oder einfach ein verdammt eisernes Gewissen.
In der Stadt macht man, was man will. Der Hostel-Angestellte verkauft Drogen, die Prostituierten spielen Pool. Und wenn man mit dem aktuellen Marijuana-Preis nicht einverstanden ist, zieht man die Zuegel kurz etwas an wie der breitschultrige, dunkelhaeutige Gast. Dann wird der Preis schon passend gemacht. Die Stadt macht manchmal aber auch mit seinen Gaesten, was sie will. Nach zwei Tagen Regen (in der Trockenzeit), Kaefern im Schlafsack und hunderten von Moskito-Stichen kapitulierte ich und floh mit dem letzten Andenken, einer Viruserkrankung, nach Singapur.
Das Nirgendwo
Manchmal findet man sich an einem Ort wieder, an dem man sich sorgt: was mache ich, wenn es dunkel wird? Kompong Thom ist so ein Ort. Und Mondulkiri. Dort gibt es im Zentrum einen wilden Ochsen und eine Bar mit dem Namen In the Middle of Somewhere, die einen Tisch zaehlt und bei der man sich fragt, wie der Besitzer auf den irrefuehrenden Namen kam. Ich hatte leider nicht das Vergnuegen, im Zentrum des Geschehens zu hausen. Meine Bleibe befand sich etwa 1km ausserhalb. Diesen Ort empfahl mir der geschaeftige Herr mit dem bezueckenden Namen Mr. Tree, der spaeter einen Russen um 250 Dollar Dschungeltrekking Geld betruegen sollte, worauf letzterer den Ortspolizisten einschalten sollte, worauf die letzteren beiden den Abend mit ein paar Glaesern kambodschanischen Weins retten wuerden. Doch genug der Nebensaechlichkeiten. Mein Schlafgemach war in Ordnung, denn an der Wand sorgte ein erotisches Poster fuer Stimmung und in den drei Zimmern nebenan tanzten und sangen 20 kambodschanische Touristen die ganze Nacht. Spaeter kotzt einer in Dezibel. Doch irgendwann geht auch in Mondulkiri die Sonne auf und die Probleme der Nacht sind vergessen. Eine wirklich harsche Motorradfahrt ueber Stock, Stein und morbide Bruecken wird mit einem bezaubernden Wasserfall und einer Landschaft mit einer fantastischen Kombination von trockenen und feuchten Farben belohnt. Der wilde Osten!
Der unerwartete Bushalt
Busse halten oft in Kambodscha und ueber die Gruende mag man sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr aufregen. Ein Hauptgrund dafuer ist das in Kambodscha uebliche hoch individualisierte Ein- und Aussteigeverhalten. Fuer ein Aussteigen genuegt ein kraeftiger Stopp-Ruf in Richtung des Fahrers. Beim Einsteigen soll es vorkommen, dass nicht der Passagier auf den Bus, sondern der Bus auf den Passagier wartet. Dann naemlich, wenn der Passagier einen Verbuendeten im Bus hat, der mittels Handy dem Fahrer das baldige Eintreffen des betreffenden Gastes versichern kann.
Problematisch wird es bei diesem Stop-and-Go, wenn das Go nicht mehr gewaehrleistet ist. Ich spreche vom unvorhergesehenen, oft endgueltigen Halt im Falle eines technischen Defektes. Dann wird sich der Fahrer hoechst persoenlich um die Angelegenheit kuemmern und am kaputten Teil schrauben, drehen, klauben. Auch Mundkontakt mit dem widerspenstigen Teil lehnt er nicht grundsaetzlich ab. Fuer den Passagier allerdings wird die Situation zunehmend ungemuetlich, zumal im Bus kein Wasser mittransportiert wurde und nach 3h kein Ende in Sicht ist. Wie raus aus dem Schlamassel? Fuer den Freund des Rechts und der Ordnung: Diskutieren, Lamentieren, Entschaedigung einfordern. Fuer den Freund der effizienten Loesungsfindung: Minibus anhalten, zahlen, vergessen.